German Chancellor Fellows from Brazil
Von Jan Meßerschmidt
Wirtschaftswissenschaftlerin hat die Universität Greifswald auf der Jahrestagung der Humboldt-Stiftung vertreten
Juliana Aliberti Ortiz hat im Juni 2024 als Vertreterin der Universität Greifswald die Jahrestagung der Alexander von Humboldt-Stiftung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht. Als Bundeskanzler-Stipendiatin war sie zu dieser Zeit Gast am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät bei Prof. Dr. Steffen Fleßa.
Zusammen mit 560 Wissenschaftler*innen aus 70 Nationen nahm Juliana Aliberti Ortiz aus Brasilien an der Veranstaltung in Berlin teil. Sie beschäftigt sich wissenschaftlich mit den industriepolitischen Folgen der Coronapandemie und der Wiederherstellung des Gesundheitssystems und der Wirtschaft. Dabei vergleicht sie die Lehren, die in Deutschland und Brasilien gezogen wurden.
„Ich glaube“, so Juliana Aliberti Ortiz, „dass das Besondere an meinem Forschungsthema ist, wie es die Rolle Brasiliens im gegenwärtigen globalen Kontext beleuchtet und verdeutlicht, wie die Pandemie die Zerbrechlichkeit der westlichen Welt gezeigt hat, wenn es um die Einfuhr von Gesundheitsprodukten geht. In meiner Projektvorstellung zeigte ich, dass das Wiederauftreten von Infektionskrankheiten deutlich gemacht hat, wie sehr die Pharmaindustrie ein strategischer Entwicklungsfaktor und eine wesentliche Komponente für die Gesundheitssicherheit in vielen Ländern darstellt. Länder, die dies verstehen, werden auf künftige Pandemien besser vorbereitet sein, und Universitäten, die sich mit diesen aktuellen Themen befassen, werden eine wichtige Rolle spielen. Die Forschungszusammenarbeit zwischen Brasilien und Deutschland hat sich intensiviert. Dabei geht es um Strategien, die die Gesundheit in den Mittelpunkt der Wirtschaft stellen und mit denen man sich auf neue Pandemien vorbereitet. Die 2017 von der deutschen Präsidentschaft ins Leben gerufene G20-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ bringt Behörden zusammen, um Lösungen für die wichtigsten Themen im Bereich der globalen Gesundheit zu diskutieren und anzugehen. Dazu gehören unter anderem die Vorbereitung auf gesundheitliche Notfälle, multiresistente Erreger, digitale Gesundheit sowie die lokale und regionale Produktion von Impfstoffen, Medikamenten und Diagnostika. Das aktuelle Thema dieser Arbeitsgruppe ist der Aufbau widerstandsfähiger Gesundheitssysteme und Partnerschaften zwischen Ländern.
Brasiliens wichtigster Vorschlag für die G20-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ ist die Gründung einer Allianz für regionale Produktion und Innovation. Diese Initiative zielt darauf ab, ein Netzwerk zu etablieren, das die wichtigsten Akteure zusammenbringt, darunter Länder, Hochschulen, Privatsektor und internationale Organisationen. Diese sollen Krankheiten durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen, die Forschung und Entwicklung sowie die Produktion von Impfstoffen, Arzneimitteln, Diagnostika und strategischen Inputs mit starker sozialer Entschlossenheit bekämpfen. Die jetzige G20-Arbeitsgruppe „Gesundheit“ hat ihre Arbeit abgeschlossen. Im November 2024 fand das Treffen der G20-Staats- und Regierungschefs in Rio de Janeiro statt. Derzeit werden konkrete und revolutionäre Projekte entwickelt, die Brasilien und Deutschland vereinen und die Zukunft der Gesundheit prägen werden“.
Juliana Ortiz hat Wirtschaftswissenschaften in São Paulo, USP, Brasilien, studiert und dort ihren Master erworben. In Brasilien wurde sie bereits mit mehreren Stipendien und Förderpreisen ausgezeichnet. Sie wurde 2021 von der WHO als wichtige Stakeholderin im Bereich der öffentlichen Gesundheit im Rahmen des Fair Pricing Forum bestätigt. Ziel des Forums ist es, den Zugang zu Medikamenten und Gesundheitsprodukten durch faire Preisgestaltung zu verbessern. Es werden Netzwerke mit Vertreter*innen von UN-Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, dem privaten Gesundheitssektor und von UN-Organisationen aufgebaut und gepflegt.
Das Bundeskanzler-Stipendium richtet sich an Hochschulabsolvent*innen mit ersten Führungserfahrungen. Die Alexander von Humboldt-Stiftung fördert Wissenschaftskooperationen zwischen exzellenten ausländischen und deutschen Forscher*innen. Mit Forschungsstipendien und Forschungspreisen werden sowohl deutsche Postdoktorand*innen unterstützt, die ins Ausland möchten, als auch internationale Postdoktorand*innen, die nach Deutschland kommen. Zum Netzwerk der Alexander von Humboldt-Stiftung gehören inzwischen 61 Nobelpreisträger und mehr als 30 000 Forschende aus verschiedenen Ländern.
„Das Bundeskanzler-Stipendium der Humboldtstiftung wendet sich explizit an die ‚Führungskräfte von morgen‘ und trifft damit den Kern meines Lehrstuhls“, so Steffen Fleßa. „Wir bilden die zukünftigen Führungskräfte im Gesundheitswesen aus, die fachlich kompetent, mit viel Engagement und verantwortlich auf Basis eines reflektierten Wertesystems Entscheidungen im Gesundheitswesen treffen, die unmittelbar das Leben von Millionen von Menschen tangieren. Frau Ortiz hat das Potenzial, das Gesundheitssystem von Brasilien mitzugestalten. Gerade die Medikamentenversorgung, mit der sie sich seit Jahren beschäftigt, ist von kaum zu überschätzender Bedeutung für alle Menschen, und eine faire Preisgestaltung unterstützt gerade die Ärmsten. Dass wir an der Universität Greifswald diese junge Führungskraft unterstützen konnten, ist Freude und Ehre zugleich und verdeutlicht das Motto meines Lehrstuhls: ‚Effizienz im Dienst für das Leben!‘“.
Autor*innen Info
Jan Meßerschmidt ist Pressesprecher der Universität Greifswald.