Die Greifswalder Teilnehmenden des Soldan Moot Courts 2025 © privat
Greifswalder Studierende beim Soldan Moot Court 2025 erfolgreich
Vier Tage in Hannover, zwei Schriftsätze, unzählige Übungsrunden – und am Ende mehrere Auszeichnungen: Für die Greifswalder Jura-Studierenden Eva Schäfer Rodríguez, Stella Nemitz, Julien Matthes, Benjamin Koch sowie ihren Coach Fabian Fengler war der Hans Soldan Moot Court im 2025 Oktober weit mehr als ein Wettbewerb. Es waren Wochen intensiver Arbeit, neuer Erfahrungen und vieler Momente, in denen man „einfach super, super stolz“ war.
Der Soldan Moot Court ist ein bundesweiter Wettbewerb, in dem Jura-Studierende die Rolle von Anwält*innen übernehmen: Sie verfassen Schriftsätze, verhandeln vor echten Jurist*innen und messen sich mit Teams aus dem ganzen Land. Für viele ist es die erste Gelegenheit, das theoretische Wissen des Studiums in eine realitätsnahe Praxis zu übersetzen.
Der diesjährige Soldan Moot Court führte die Teilnehmenden tief in einen zivilrechtlichen Fall ein, der anwaltliches Berufsrecht mit prüfungsrelevanten Bereichen wie Schuld- und Erbrecht sowie dem Zivilprozess verband. Zusätzlich spielte die Rolle von Künstlicher Intelligenz im juristischen Alltag eine zentrale Rolle – ein Themenfeld, das im Studium bislang kaum vorkomme. „Einerseits ist es wichtig, es selbst zu verstehen, aber andererseits ist es auch super wichtig, es verständlich rüberzubringen und es gleichzeitig mit hoher Qualität zu versehen“, fasst Eva Schäfer Rodríguez das Lernen im Wettbewerb zusammen. Für die Greifswalder Studierenden stand schnell fest: Der Moot Court ist fachlich wertvoll – aber auch eine persönliche Herausforderung.
Von der Bewerbung bis zur Klageschrift
Über Social Media, Vorlesungen und Rundmails wurden Eva Schäfer Rodríguez und Julien Matthes auf den Wettbewerb aufmerksam. Nach einem intensiven Auswahlprozess stellten die Coaches Fabian Fengler, Linja Voigt, Lara Lange und Hedda Böhler drei Teams bestehend aus jeweils zwei Kläger- und zwei Beklagtenvertretungen zusammen. Insgesamt traten 32 Teams aus ganz Deutschland beim Moot Court in Hannover an. Die schriftliche Phase verlangte ihnen einiges ab. Für Klageschrift und Klageerwiderung brauchten sie rund 100 Stunden, zusätzlich zum normalen Semesterbetrieb. Die Wochen waren geprägt von Recherche, Strukturarbeit und einem völlig neuen Schreibstil.
Mündliche Phase: Rhetorik, Reaktionen und echte Gerichtsatmosphäre
Mit der Abgabe der Schriftsätze begann der zweite Teil des Wettbewerbs: mündliche Verhandlungen. Das Team trainierte nahezu täglich und oft bis spät in den Abend. Bei den Pre-Moots in Berlin und Hamburg sammelten sie wertvolles Feedback und entwickelten ihre Argumentationsstärke weiter.
„Man merkt richtig, wie man lernt, das ein bisschen auszubilden und damit umzugehen“, erklärt Julien Matthes den Prozess. Und als sich in Hannover abzeichnete, dass sie gut durch die Vorrunden kamen, wurde der Teamgeist spürbar: „Da hatten wir uns alle im Arm und wussten, wir sitzen im gleichen Boot“, erinnert sich Eva Schäfer Rodríguez an die Momente, als die Ergebnisse verkündet wurden. „Wir waren einfach super, super stolz auf uns und wussten, wie gut alles gelaufen ist“, sagt sie.








Beim Wettbewerb behauptete sich das Greifswalder Team rund um Eva Schäfer Rodríguez und Julien Matthes gegen starke Konkurrenz aus 19 Universitäten und erreichte das Halbfinale. Am Ende durften sie mehrere Auszeichnungen mit nach Hause nehmen. Darunter den dritten Platz in der Gesamtwertung, den besten mündlichen Einzelvortrag, welchen Julien Matthes erlangte und den zweiten Platz der mündlichen Einzelleistung, den sein Teamkollege Benjamin Koch gewann.
Mehr als nur ein Wettbewerb
Alle drei betonen, wie stark der Moot Court sie geprägt hat – fachlich, aber auch persönlich: strukturierteres Arbeiten, sichereres Auftreten, Teamarbeit, Stressresistenz und besonders Routine im Umgang mit komplexen juristischen Situationen. „Unter Druck entstehen Diamanten“, bringt Julien Matthes es scherzhaft auf den Punkt.
Besonders wertvoll sei das Setzen von Schwerpunkten – etwas, das im Studium oft schwerfällt. „Mir hat das Training unfassbar geholfen, auch für die Klausuren richtig Schwerpunkte zu setzen. Wenn du nicht die richtigen Schwerpunkte setzt, gehen dir wichtige Punkte verloren“, so Eva Schäfer Rodríguez.
Herausforderungen, die sichtbar machen, was Studierende leisten
Neben Erfolgen und positiven Eindrücken sprechen Eva Schäfer Rodríguez, Julien Matthes und Fabian Fengler offen über Hürden: fehlende Übungsräume und zeitliche Kapazitäten, wenig Lehrstuhlunterstützung und die finanzielle Belastung für Reisen sowie Unterkunft. Vieles musste privat organisiert werden.
Fabian Fengler macht deutlich, was perspektivisch notwendig wäre: „Wir brauchen mehr Anwält*innen, wir brauchen Feedback zu inhaltlichen juristischen Fragestellungen. Wir brauchen Lehrpersonen, die Türen öffnen.“ Dass Greifswald inzwischen positiv wahrgenommen wird, zeigt sich trotzdem: „Kanzleien kommen mittlerweile auf uns zu und sagen: Kommendes Jahr würde ich gerne mit euch zusammenarbeiten.“
Und Eva Schäfer Rodríguez beschreibt eindrücklich, wie sich das Bild der Uni verändert hat: „Am Anfang sind alle so: ‚Ihr kommt aus Greifswald? Wo ist das?‘ Und am Ende des Moot Courts weiß jeder: ‚Ah ja, Greifswald!‘“
Warum sich die Teilnahme lohnt
Trotz aller Herausforderungen bleibt der Tenor eindeutig: Die Teilnahme lohnt sich. Fabian Fengler empfiehlt den Moot Court weiter – mit einem Hinweis auf den hohen Aufwand: „Seid euch vorher der Zeit bewusst. Es macht weder der Person Spaß, die überfordert ist, noch dem Team, wenn es jemanden mit durchziehen muss.“
Auch Eva Schäfer Rodríguez mahnt aus demselben Grund: „Man sollte es nicht zu sehr romantisieren, da es sehr zeitaufwendig ist.“ Gleichzeitig betont sie den Wert eines guten Teams. „Mir hat es Spaß gemacht, weil wir ein gutes Team waren, ehrlich miteinander und mit dem klaren Ziel, viel reinzustecken“, berichtet sie. Und wie würde es für die Zukunft aussehen? „Wir würden nicht in der gleichen Rolle nochmal teilnehmen, sondern eher als Coaches“, so Julien Matthes.
Der Soldan Moot zur Anwaltlichen Berufspraxis (Soldan Moot) ist ein bundesweiter Moot Court Wettbewerb für Studierende deutscher Jurafakultäten. Er wird von der Hans-Soldan-Stiftung, der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), dem Deutschen Anwaltverein (DAV), und dem Deutschen Juristen-Fakultätentag (DJT) veranstaltet.
Anne Junia Ziemann, 26.11.2025
