Von Sara Westphal
Ich habe das Wintersemester 2021/22 in der Hauptstadt Vietnams verbracht und an der Partneruniversität University of Languages and International Studies studiert. In diesen Monaten sammelte ich viele neue Erfahrungen und lernte neue Orte und Menschen kennen.
Bewerbung und Vorbereitungen
Ich wusste im Vorfeld, dass mein Ziel Ostasien sein soll und Vietnam stand schon lange auf meiner Liste, umso aufgeregter war ich, als meine Zusage aus dem International Office (IO) kam.
Für die Bewerbung musste ich ein Motivationsschreiben, eine Notenliste, einen Lebenslauf und auch ein Empfehlungsschreiben eines Dozierenden fristgerecht im IO einreichen. Im Herbst 2021 kam meine Zusage aus Hanoi und mein Flug wurde daraufhin auf Anfang Dezember gelegt. Die Koordinatorin für Austauschstudierende in Hanoi hat Flüge, Visabescheinigung und Hotelquarantäne für mich gebucht. Ich musste nur noch ein Apartment finden und mein ‚Learning Agreement‘ zusammenstellen.
Ankunft und Organisation
Als ich in Hanoi aus der einwöchigen Corona-Quarantäne entlassen wurde und zum ersten Mal die Stadt erkunden konnte, war ich mehr als überwältigt und überfordert. Hanoi hat acht Millionen Einwohner*innen und das ganze Leben spielt sich auf der Straße ab. Reizüberflutung war vorprogrammiert. Während meiner ersten Woche lebte ich im Hotel, um vor Ort eine Wohnung organisieren zu können. Das war nicht sonderlich schwer, da es zahlreiche Angebote für großartige Apartments für Expats gibt.
Die Organisation der Kurswahl geschah in enger Zusammenarbeit mit meiner Betreuerin. Ich musste mir über eine Liste meine favorisierten Kurse heraussuchen und diese an meine Betreuerin weiterleiten. Sie informierte dann die Dozierenden über die Seminarteilnahme, was ich als etwas umständlich empfand. Der Kontakt mit den Dozierenden und meinen Mitstudierenden lief meistens über Facebook, WhatsApp oder Zalo, was sehr gut funktionierte. Das Semester begann Ende Dezember, allerdings noch im Online-Modus. So habe ich meine Vormittage vor dem Computer verbracht. Der Online-Unterricht verlief ähnlich wie die Zoom-Kurse in Deutschland, wenig Mitarbeit und man sieht kaum bis gar keine Gesichter seiner Kommiliton*innen. Trotzdem haben die Dozierenden immer versucht zu helfen und mich in den Unterricht einzubinden. Als sich die Corona-Maßnahmen lockerten, durfte ich für knapp sieben Wochen den Campus in Anspruch nehmen. Dieser kann mit amerikanischen Universitäten durchaus mithalten.
Cafés, kleine Restaurants, Supermärkte, Geschäfte, Computer- und Leseräume und Sportplätze gehören zur Standardausrichtung. Von Woche zu Woche und mit mehr Lockerungen wurde der Campus immer voller und ich konnte einen richtigen Einblick in das vietnamesische Studierendenleben erhalten. Vor allem im Unterricht stellte ich fest, wie sehr sich die vietnamesischen Studierenden freuten, mit mir zu interagieren. Im Unterricht wird sehr viel in Gruppen gearbeitet, so dass ich schnell mit anderen ins Gespräch kam. Ich habe Kurse auf Englisch, hauptsächlich aber auf Deutsch besucht. Die Prüfungen verlaufen ähnlich wie in Deutschland: In der Regel werden verschiedene Teilleistungen wie Vorträge, Essays, Poster erbracht und am Ende des Semesters mindestens eine Klausur geschrieben.
Hanoi und das Leben in Vietnam
Anfänglich war Hanoi als Stadt viel zu viel für mich! Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, es war Liebe auf den ersten Blick. Aber nach einiger Zeit der Eingewöhnung und durch den vermehrten Kontakt mit Kommiliton*innen und anderen Leuten wurde Hanoi für mich so etwas wie eine zweite Heimat.
Hanoi ist das kulturelle Zentrum Vietnams – Tempel, zahlreiche Museen, Antiquitätenläden und Bia Hoi’s machen die Stadt unglaublich liebenswert. Durch Fortbewegungsmöglichkeiten mit Bike Taxis, Lebensmittel- und Essenslieferungen 24/7 direkt vor deine Haustür und die geringen Lebenshaltungskosten ist der normale Arbeitstag in Hanoi wirklich sehr angenehm. Auch Reisen innerhalb Vietnams sind bequem, günstig und abenteuerlich möglich. Ich habe in meiner Zeit fast Gesamtvietnam besichtigt, ob mit dem Bus in den Norden von Sapa, mit dem Schiff durch die Halong-Bucht oder mit dem Nachtzug zum Mekong-Delta. Dabei lernte ich viel über die Traditionen und Bräuche und Vietnam als eines der gastfreundlichsten Länder kennen. Die Einheimischen besonders in den ländlichen Regionen begegnen einem mit der größten Offenheit und Herzlichkeit. Zudem gibt es in Vietnam das beste, gesündeste und preiswerteste Essen – probiert euch am besten durch die zahlreichen Night Markets.
Zum Schluss kann ich eigentlich nur noch sagen, dass sich ein Auslandssemester definitiv lohnt – ob in Vietnam oder irgendwo anders. Die Angst vor dem Unbekannten hat jede*r. Das Wichtigste ist, dass man diese Angst überwindet und sich an neue Lebensumstände gewöhnt – wenn das passiert, kann man die außergewöhnlichsten Erfahrungen sammeln und über seinen eigenen Horizont hinauswachsen. Mein Tipp ist: Nicht zu lange darüber nachdenken, einfach machen!
Autor*innen Info
Sara Westphal studiert im Master Kultur-Interkulturalität-Literatur an der Uni Greifswald. Von Dezember 2021 bis Mai 2022 absolvierte sie im Rahmen des Hochschulaustausch-Programms ein Auslandssemester an der University of Languages and International Studies Hanoi (Vietnam).