Studium & Lehre

Mit Kreativität und Humor den Sachunterricht neu denken

Das Foto zeigt die Junior-Professorin Dr. Marisa Holzapfel. Sie hat kurze, rotblonde Haare, trägt eine Brille und lächelt sehr freundlich in die Kamera. Im Hintergrund ist das Gebäude der Hochschulkommunikation der Uni Greifswald zu sehen.

Portrait Junior-Professorin Dr. Marisa Holzapfel, © Gina Heitmann, Universität Greifswald 

Wie Marisa Holzapfel komplexe Themen kindgerecht aufbereitet

Die Entscheidung, den Unterricht durch Forschung weiterzuentwickeln anstatt Kinder in der Schule zu unterrichten, traf sie schon im Studium – aus Begeisterung für das wissenschaftliche Arbeiten. Heute erforscht die Junior-Professorin Marisa Holzapfel, wie Kreativität und Humor den Sachunterricht moderner und wirksamer machen können. Wie ihr das gelingt, verrät sie im Gespräch.

Sie haben Ihr Staatsexamen für das Lehramt an Grund-/Haupt-/Real- und Gesamtschulen mit der Fächern Chemie und Geschichte abgelegt, anschließend aber eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Didaktik des Sachunterrichts angenommen. Wie kam es dazu?

Mir hat das Schreiben meiner Staatsexamensarbeit zum Abschluss meines Lehramtsstudiums großen Spaß bereitet. Dieses erste kleine Forschungsprojekt zu planen, durchzuführen und schließlich die Ergebnisse auszuwerten fand ich so spannend, dass ich meine betreuende Professorin gefragt habe, ob es möglich wäre, daran weiterzuarbeiten. So ergab sich die Möglichkeit im Rahmen eines Graduiertenkollegs, welches den Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe beforschte, ein eigenes Promotionsprojekt an der Schnittstelle vom Sach- zum naturwissenschaftlichen Fachunterricht zu gestalten.

Sie arbeiten an einem Projekt, welches sich mit Kreativität im Sachunterricht beschäftigt. Wie trägt Ihr Projekt KreaSach dazu bei, den Sachunterricht angesichts aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen kreativ und zukunftsorientiert zu gestalten?

Kreativität gilt als 21-century skill und sollte meiner Meinung nach daher bereits in der Grundschule untersucht und gefördert werden. Das Projekt KreaSach widmet sich genau dieser Aufgabe. In einem ersten Schritt wurde zunächst definiert, was Kreativität im Sachunterricht überhaupt bedeutet und was sie ausmacht. Anschließend wurde auf der Grundlage bereits bestehender Testverfahren ein Testinstrument entwickelt, mit welchem die Kreativität von Grundschulkindern gemessen werden kann. In einer Interventionsstudie zur informatischen Grundbildung wurde dann der Zusammenhang von Kreativität und grundlegenden Programmierkompetenzen untersucht. Zukünftig sollen weitere Projekte, auch zu anderen Inhaltsfeldern des Sachunterrichts, vielfältige Möglichkeiten der Nutzung und der gezielten Förderung der Kreativität junger Menschen aufzeigen.

Wie lassen sich Ihrer Meinung nach komplexe, gesellschaftliche Themen kindgerecht im Sachunterricht vermitteln?

Hier lassen sich sehr gut die Erkenntnisse aus dem Projekt KreaSach aufgreifen. Kindern komplexe und teilweise auch gesellschaftlich herausfordernde Sachverhalte kreativ-spielerisch näher zu bringen, halte ich für sehr gewinnbringend. Aus bereits durchgeführten Studien mit (Grundschul-)Kindern, in welchen kreative und/oder humorvolle Ansätze gewählt wurden, kann ich sagen, dass es den Kindern nicht nur Spaß bereitet, sondern auch lernförderlich ist, komplexe, herausfordernde Themen auf diese Weise zu vermitteln.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Ihnen ist der Einsatz von fachspezifischem Humor. Was hat es damit auf sich und warum interessiert Sie dieses Thema besonders?

Der fachspezifische Humor, kurz FaH, wurde in der Arbeitsgruppe von Karin Stachelscheid (Universität Duisburg-Essen) entwickelt. Hier wurde das Ziel gesetzt, Humor planbar und von der Lehrkraft unabhängig in den Unterricht zu bringen. Das Ergebnis der FaH, macht es möglich, Unterrichtsmaterial mit Humor zu gestalten. Der Kern dabei ist Inkongruenz – also eine unpassende Verknüpfung zweier Bezugssysteme. Das kann beispielsweise eine Wortdoppeldeutigkeit sein. Wird diese nicht direkt von den Schüler*innen verstanden, kann das zu einem kognitiven Konflikt führen, was wiederum eine ideale Basis für das Lernen darstellt. Um den „Witz“ also zu verstehen, muss der fachliche Hintergrund verstanden werden. Ein Prinzip, welches mich direkt fasziniert hat und von dem ich bis heute überzeugt bin.

Was möchten Sie an der Universität Greifswald besonders gerne mitgestalten oder weiterentwickeln?

In der Forschung und Lehre möchte ich vor allem zu einer zukunftsorientierten Entwicklung des Faches Sachunterricht beitragen. Im Bereich der Lehrerbildung erscheint es mir als besondere Aufgabe, aktuelle gesellschaftliche, möglicherweise auch globale, Herausforderungen aufzugreifen und die Lehrkräfte bestmöglich darauf vorzubereiten, guten, interessanten und innovativen Unterricht zu gestalten.

Was möchten Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben, wenn es um die Gestaltung eines zeitgemäßen Sachunterrichts geht?

Das ist eine sehr komplexe Frage. Ich glaube, letztlich ist die Lehrkraft der Schlüssel: Sie sollte das Vorwissen, die Vorstellungen und Erfahrungen der Schüler*innen mit aktuellen Herausforderungen verbinden und daraus einen kreativen, interessanten und informativen Unterricht gestalten, der sich an den Bedürfnissen der Lernenden orientiert.

Noch einmal zurück in Ihre Schulzeit: Was war da das Highlight im Sachunterreicht, das Sie sich gerne zurückerinnern?

Da ich am Niederrhein und somit auch in der Nähe des Ruhrgebiets aufgewachsen bin, war das zweifelsohne der Besuch des Bergbaumuseums in Bochum inklusive der Fahrt zum unter Tage gelegenen Besucherstollen. Hier wurde nicht nur vielperspektivisch (geschichtlich, naturwissenschaftlich, geografisch) das Thema aufgearbeitet, sondern auch durch den Besuch eines außerschulischen Lernorts direkt ein Stück Bergbaugeschichte nachempfunden. 

Zur Person

Nachdem Marisa Holzapfel 2015 erfolgreich das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Haupt-/Real- und Gesamtschulen an der Universität Duisburg-Essen mit der Fachkombination Chemie und Geschichte absolvierte, promovierte sie 2018 an der Universität Duisburg. Anschließend nahm sie an der Universität eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Didaktik der Chemie an. Im Februar 2021 absolvierte Marisa Holzapfel das 2. Staatsexamen für das Lehramt an Haupt-/ Real- und Gesamtschulen mit den Fächern Geschichte und Chemie am ZfsL Dortmund. 

Zwischen März 2021 und März 2025 arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Didaktik des Sachunterrichts an der Universität Oldenburg, wobei sie parallel ab April 2022 für ein Jahr als Vertretungsprofessorin für „Grundschulpädagogik mit Schwerpunkt Sachunterricht und seine Didaktik” an der Universität Greifswald arbeitete. Drei Jahre später wurde ihr an der Universität Greifswald die Bezeichnung Juniorprofessorin für Grundschulpädagogik verliehen. 

Interview: Wiebke Pförter

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