Studium & Lehre

Unternehmen – Menschenrechte – Lieferketten

Studierende aus dem Seminar, Dominique Eckstein und Dr. Peter Clausing bei einem der gemeinsamen Workshops, © Martha Kuhnhenn

Von Marta Kuhnhenn

Ein Projektseminar im Master Organisationskommunikation mit Partner Südmexikos e. V.

Gemeinsam mit der NGO Partner Südmexikos e. V. beschäftigten sich Studierende aus dem Master Organisationskommunikation im Sommersemester 2024 mit den Themen Lieferketten, Menschenrechte und Unternehmenskommunikation.

Seit 2023 ist für deutsche Großunternehmen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtend. Mit diesem Gesetz soll die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten geregelt werden. Unternehmen, die mindestens 1000 Arbeitnehmer*innen in Deutschland haben, sind gesetzlich verpflichtet, grundlegende Menschenrechte sowie umweltbezogene Sorgfaltspflichten innerhalb ihrer Lieferketten zu berücksichtigen und zu dokumentieren. Zu solchen Menschenrechten gehören beispielsweise der Schutz vor Kinder- und Zwangsarbeit oder das Recht auf faire Löhne. Mit Blick auf die Berichtspflichten der Unternehmen sowie die Kommunikation über die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten stellen sich aus organisationskommunikationswissenschaftlicher Perspektive mehrere Fragen. So gilt es beispielsweise zu hinterfragen, inwiefern die Selbstdarstellungen der Unternehmen mit außenstehenden Dokumentationen übereinstimmen. Denn beim Vergleich der Selbstdarstellungen mit Berichten von Non Governmental Organizations (NGO) oder betroffenen Personen vor Ort, z. B. in Produktionsstätten, stößt man rasch auf widersprüchliche Aussagen.

Mit dieser Fragestellung zu den Themen Lieferketten, Menschenrechte und Unternehmenskommunikation beschäftigten sich Studierende aus dem Master Organisationskommunikation im Sommersemester 2024 gemeinsam mit der NGO Partner Südmexikos e. V. Das Seminar war damit eingebunden in die entwicklungspolitische Bildungsarbeit zum Thema deutsches Lieferkettengesetz von Partner Südmexikos.

Projekt Lieferketten und Menschenrechte
Grafik (Urheber): Pia Heuer/Partner Südmexikos e.V.

„In unserem Projekt suchten wir ein breites Spektrum von Zielgruppen, die wir mit den geplanten Workshops erreichen wollten. Zugleich waren wir daran interessiert, dass sich aus den Workshops heraus, wenn möglich, eine Weiterbeschäftigung mit der Thematik ergab. Das wurde im vorliegenden Fall in Form von Hausarbeiten erreicht. Hinzu kommt voraussichtlich – angeregt durch die Workshops – außerdem eine Master-Arbeit zum Thema“, beschreibt Peter Clausing vom Verein Partner Südmexikos den Anstoß für die Lehrkooperation mit der Greifswalder Organisationskommunikation. Gemeinsam mit Dominique Eckstein war er für mehrere Sitzungen in Greifswald vor Ort, um die studentischen Projekte aus einer NGO-Perspektive zu begleiten.

In ihren Projekten untersuchten die Studierenden beispielsweise Selbst- und Fremddarstellungen von Unternehmen im Kontext Lieferketten und Menschenrechte oder die Rolle des bewussten politischen Konsums. Wilhemine Schäfer beleuchtete in ihrer Projektarbeit Kooperationen zwischen einem Einrichtungsunternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. „Solche Kooperationen werden vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeit und der unternehmerischen Verantwortung zunehmend wichtiger“, so die Masterstudentin. Die Zusammenarbeit mit der NGO an konkreten Fällen zum Thema Menschenrechte und Lieferketten machte theoretische Überlegungen direkt anwendbar. „Der Mix aus Praxis und Theorie unterschied das Seminar von den üblichen Seminaren und brachte uns Studierenden und dem Praxispartner einen Mehrwert. Es war lehrreich mit Anwendungsbeispielen zu arbeiten und Einblicke in die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu bekommen“, so Wilhelmine Schäfer.

Emely Andrae und Emily Blum untersuchten in ihrem Projekt die Frage, ob und inwiefern in der Kommunikation von und über Lieferketten (post-)kolonialistische Narrative reproduziert werden. Die Zusammenarbeit mit der NGO hat die beiden Masterstudentinnen für die Relevanz von Lieferketten im persönlichen Alltag sensibilisiert „ Zwar ist einem bewusst, dass die meisten Unternehmen heutzutage globale Lieferketten nutzen, doch beim Kauf eines Produkts wird einem die konkrete Lieferkette selten vor Augen geführt. Durch die Teilnahme am Seminar rückte dieser zuvor oft unbeachtete Aspekt stärker in den Fokus. Besonders die erschreckende Erkenntnis über die fortbestehende Existenz kolonialer Kontinuitäten, vor allem in der Unternehmenskommunikation, hat zu einem erhöhten Bewusstsein und intensiven Nachdenken über mögliche Lösungsansätze geführt. Im Jahr 2024 sollte kein Unternehmen oder Akteur solche Narrative noch in seiner Kommunikation integrieren und damit verbreiten“, fassen die Masterstudentinnen ihre Erkenntnisse zusammen.

Auch auf Seiten der Praxispartner gaben die gemeinsamen Sitzungen und Workshops Impulse. „Es war von – hoffentlich beiderseitigem – Nutzen, nicht einfach nur die Workshops durchzuführen, sondern in einem gemeinsamen Prozess eine thematische Vertiefung anzustreben. Organisatorisch hat die Kooperation bestätigt, dass eine rechtzeitige Planung und gemeinsame Vorbereitung zu einem guten Ergebnis führen. Inhaltlich war es für Dominique Eckstein und mich zugleich spannend und aufschlussreich, „unser“ Thema (Lieferkettengesetz) aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive beleuchtet zu sehen. Uns als NGO-Vertreter*innen war zwar bewusst, dass es eine Entkopplung des Diskurses zwischen NGOs und Unternehmen gibt, aber wir wussten vorher nicht, dass und wie man dies quantifizieren kann. Zusätzlich kamen Konzepte wie „Neoinstitutionalismus“ und „politischer Konsum“ zur Sprache, die wir nicht kannten und die helfen, bestimmte Phänomene besser einzuordnen bzw. zu beschreiben“, resümiert Peter Clausing den gemeinsamen Lernprozess.

Master Organisationskommunikation

Der Masterstudiengang Organisationskommunikation ist eine Antwort auf die gestiegene Bedeutung von Kommunikation für Organisationen (wie Unternehmen, Verbände, soziale Organisationen, Parteien, Verwaltungen etc.) in verschiedenen Handlungsfeldern, z.B. Politik, Kultur, Wirtschaft oder Gesundheit. Als kommunikationswissenschaftlicher Masterstudiengang beschäftigt er sich mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen verschiedener Formen von Kommunikation in Bezug auf Organisationen und den Prozess des Organisierens. Er führt in die verschiedenen Theorien und Methoden im Forschungsfeld Organisationskommunikation ein, nimmt die Kommunikation einzelner Organisationstypen (politische und soziale Organisationen, Unternehmen) in den Blick und vermittelt darüber hinaus praktisches Wissen und Kompetenzen in Bereichen wie Rhetorik und Kommunikationstraining und Konzeptentwicklung für Kommunikationsmaßnahmen. Der Master Organisationskommunikation ist sowohl forschungs- als auch anwendungsorientiert und qualifiziert Hochschulabsolventinnen und -absolventen für die verschiedenen Kommunikations- und Leitungsaufgaben in Organisationen.

Weitere Informationen zur Organisationskommunikation

Die Grafik zeigt das Logo: Campus 1456

Autor*innen Info

PD Dr. Martha Kuhnhenn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft.

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